Colditzer keramische Industriegeschichte

Arbeiter in der Tongrube Skoplau
Die Entwicklung der keramischen Industrie hat eine Jahrtausende lange Vorgeschichte. Dem glücklichen Umstand, dass dafür wichtige Rohstoffe, wie Ton, Kaolin, Kohle und Sand schlummern, haben wir deren Entwicklung zu verdanken. Dass es keine Erfindung der Neuzeit ist, beweisen Funde aus der Bronze- und Steinzeit. Schon damals versuchten Menschen, durch die Bearbeitung der Rohstoffe nützliche Gebrauchsgegenstände herzustellen. Mit der fortschreitenden Sesshaftigkeit an einem Ort verfeinerte sich immer mehr die Qualität der Erzeugnisse. Es ist aber auch keine Spezialität Europas, wir finden solche Gegenstände bereits auf Wandbildern der ägyptischen Pyramiden. Einen Quantensprung machte die Qualität bereits im Mittelalter, wo das Töpferhandwerk aufblühte. In Colditz erinnert heute noch der Name „Töpfergasse“ an jene Zeit, wo dieser Handwerkszweig außerhalb der Stadtmauern verbannt wurde, weil es immer wieder zu Bränden beim Brennen der Materialien kam. Den Vorläufer des Porzellans bildete die Herstellung des Steingutes, einem etwas einfacher herstellbaren Geschirr. Unter der Herrschaft August des Starken wurden die Arbeiten vorangetrieben, das bereits 620 in China erfundene Porzellan für Sachsen nach zu erfinden. Colditz wurde verpflichtet, für diese Arbeiten das nötige Kaolin nach Dresden, später nach Meißen zu liefern. 1708 gelang dies den beiden Alchimisten Johann Friedrich Böttger und Walther von Tschirnhaus in Dresden; es entstand das erste europäische Hartporzellan. Ab 1710 wurde es in der gegründeten Porzellanmanufaktur auf der Albrechtsburg  Meißen hergestellt, erfreute sich weltweit einer großen Beliebtheit. Für August den Starken war es ein riesiger Triumph in seinem Geltungsbestreben. Damit zählt Colditz als wichtiger Helfer bei der Erfindung des europäischen Porzellans.  1770 wurde bereits in Wermsdorf  Fayence-Geschirr produziert. Auch in Colditz siedelte sich auf dem heutigen Gasch-Platz die Manufaktur Carl-August Zschau an, derzeit einer der größten Betriebe. Von Wermsdorf siedelte 1804 die Firma Thomsberger & Hermann nach Colditz über, produzierte in der Badergasse bis 1929 hochwertiges Geschirr, erst Steingut, dann Porzellan. Die Firma Zschau musste nach einem Brand ihr Gebiet am Oberanger verlassen, nutzt die Gelegenheit, der enorm gewachsenen Nachfrage durch den Werksneubau auf den gegenüberliegenden Muldenwiesen gerecht zu werden. Es entstand die Aktiengesellschaft, deren Name im Volksmund bis in jüngste Zeit als „die Aktie“ erhalten blieb. Dieses Werk wuchs und wuchs, 1958 erfolgte unter Leitung von Günter Gottlebe der entscheidende  Schritt in der Umstellung des Werkes von Steingut auf Porzellan. Es entwickelte sich zum größten Hersteller von Haushalt- und Hotelporzellan der DDR, hatte eine enorme Exportquote. Mit 1400 Beschäftigten und Nebenbetrieben war es der größte Arbeitgeber im Colditzer Raum. Nach der Wiedervereinigung erfolgte durch die Treuhand die Privatisierung dieses riesigen Betriebes. Systematisch wurden die Produktionsstätten von den neuen Besitzern vernachlässigt, nach Ablauf der 4-jährigen Karenzzeit komplett demontiert. Dass die Ausrüstung nur Schrott gewesen wäre, kann dementiert werden. Die gesamte Technik wurde nach Mexiko verkauft und produziert noch heute dort. Die Werksstilllegung war der größte Eingriff in den Arbeitsmarkt des südlichen Muldentalkreises mit fatalen Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens.

Das Ende der Colditzer Porzellanherstellung
Die Abwanderung der jungen Generation begann, ein Wandel ist nicht zu erwarten. Das tot liegende Werk wurde inzwischen abgerissen, an der Beseitigung des mit  Schadstoffen hoch belasteten Bauschuttes wird noch immer gearbeitet. Übrig geblieben  ist das nach 1972 errichtete Schmelzfarbenwerk Magmalor, ein wichtiger Zulieferbetrieb für die Porzellanherstellung. Er gehört heute zum amerikanischen Konzern FERRO, bietet ca. 100 Beschäftigten Lohn und Brot.

Belegschaft der Steinzeugwerke Uhlemann 1960
Parallel zur Steingut- und Porzellanproduktion verlief das Wachsen der Steinzeugindustrie. Sie benötigte fast die gleichen Rohstoffe, ist einfacher zu produzieren. Trotzdem deckt sie ein riesiges Bedarfsfeld in der Landwirtschaft und Bauindustrie ab. Immer mehr Betriebe, wie Eismann & Stockmann, Gottschalt, Uhlemann, Böttcher in Tanndorf und Witte in Collmen ,  siedelten sich an und wuchsen. Ihre grobkeramischen Produkte wurden ebenfalls bis zur „Wende“ hergestellt. Die nicht mehr gegebene Wirtschaftlichkeit führte aber auch dort bald zur Schließung. Damit íst das Kapitel der keramischen Industrie für Colditz ad acta gelegt. Ein Wiedererblühen ist nicht zu erwarten. Selbst die wertvollen Rohstoffe Ton und Kaolin bleiben unter der Erde liegen, die vielen Gruben rund um Colditz wurden längst geschlossen.             
Zum 300 jährigen Jubiläum des weltberühmten Meißner Porzellans wurde nahe Terpitzsch noch einmal eine Schachtung nach dem begehrten Rohstoff Kaolin vorgenommen. Vorhanden ist er noch in bester Qualität, doch Bedarf zum Abbau besteht nicht mehr.

Keramische Fundstücke

Keramische Fundstücke

Keramische Fundstücke

Keramische Fundstücke

Schlossscherben aus dem 17./18. Jahrhundert

Schlossscherben aus dem 17./18. Jahrhundert

Schlossscherben aus dem 16. Jahrhundert

Produkte der Firma Zschau

Produkte der Firma Thomsberger & Hermann

Colditzer Steingut

Colditzer Steingut

Umstellung auf Porzellan unter Günter Gottlebe

Colditzer Porzellan

Das Porzellanwerk mit Schmelzfarbenwerk

Colditzer Steinzeugprodukte