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Eiserne Hochzeit an der Muldenvereinigung

von SV Eintracht Sermuth SV Eintracht Sermuth am 01.02.2018

Eiserne Hochzeit an der Muldenvereinigung Heiner "SCHALKE" Jahn, 01.02.2018
Colditz/Sermuth.
Gerda und Eberhard Müller halten sich seit 65 Jahren die Treue.
In Sermuth, dem Ort der Muldenvereinigung, ergibt eins und eins schon von Natur aus eins. Gerda und Eberhard Müller tun es Zwickauer und Freiberger Mulde gleich, bündeln nun schon seit fast 70 Jahren die Kräfte. Jetzt feierten sie Eiserne Hochzeit und das halbe Dorf gratulierte. ?Ich bin auf der Quarkkuchenseite?, raunt Eberhard (88) seiner Gerda (87) zu, als sich die Fotografen vor dem Jubelpaar aufbauten, ?wir müssen die Seiten wechseln, der Mann steht immer links?.
Schon 1945 sei es wichtig gewesen, auf welche Seite es einen verschlug: ?Die Mulde war Grenzfluss. Hier die Amis, da die Sowjets.? Der damals noch halbwüchsige Eberhard, der in der Grimmaer Kaserne gerade noch rechtzeitig vorm Frontbefehl türmte, erlebte die Ankunft der GIs in Sermuth leibhaftig: ?Ich saß am Gartenzaun. Die Amerikaner rückten aus Richtung Schönbach vor und feuerten erst mal einen Warnschuss ab. Als Abpraller streifte die Kugel mein Bein. Noch lange war die Narbe zu sehen.
Von der Kommandantur habe er die Erlaubnis bekommen, das Heu auf der Wiese am gegenüber liegenden Ufer einzufahren. ?Das sprach sich schnell rum, und so schmuggelte ich unter dem riesigen Heuhaufen jede Menge Soldaten rüber. Wer weiß, wenn in Berlin anders verhandelt worden wäre, hätte die deutsch-deutsche Grenze auch zwischen Sermuth und Klein-Sermuth verlaufen können.? Als Fußballer in Colditz lernte Eberhard seine Gerda beim Kostümball in der Waldschänke kennen. ?Mein Mann saß mit seinen Kameraden zwei Tische weiter. Irgendwann sprach er mich an und ? was soll ich sagen ? es hat kurz in den Augen geblitzt?, schwärmt die gläubige Gerda, als sei ihr ein Heiliger erschienen. Vier Jahre später, 1953, war Hochzeit. Er, der Traktorist der Futterbrigade, sie, die Leiterin der Schweinezucht. ?Hier, an diesem Stubentisch, wurde am 27. März 1960 die LPG gegründet?, sagen die beiden. Ihr Leben ? das war vor allem Arbeit.
Erst später sahen sie Harz, Knappensee, Ostsee, zuletzt sogar Österreich(!). Nicht nur seiner Frau, auch dem Fußball blieb Eberhard treu: Über zehn Jahre war er Vereinsvorsitzender der BSG Traktor Sermuth. ?Er hatte eine enge Beziehung zum damaligen 1. FC Lok Leipzig. Die Europacuphelden um Kapitän Karli Drößler kamen von ihrem Spiel gegen Benfica Lissabon direkt zu uns nach Sermuth und feierten beim Schwein am Spieß?, weiß Sohn Harald Müller. Genau wie seine beiden Brüder Dietmar und Frank engagiert er sich bis heute in Sermuths Sportverein. Drei Fußballer auf der einen Seite, drei Pfarrer auf der anderen, lacht Gerda: ?Mein Bruder, dessen Sohn und der Schwiegersohn meiner Schwester ? alle Pfarrer.? Früher sei sie noch mit dem Trabi zum Gottesdienst gefahren, inzwischen schiebt sie den Rollator ins Kirchencafé.
Auf dem Bauernhof der Müllers sind vier Generationen vereint. Kein Wunder, dass die Großfamilie mit sieben Enkeln und 14 Urenkeln zum Feiern einen Saal anmieten muss. Streit und Zank kennen sie nicht, sagen die Müllers. Das sei auch das Geheimnis ihrer Ehe. In die Vollen gehen sie inzwischen zwar nicht mehr, doch seit 45 Jahren essen sie alle zwei Wochen mit den Kegelbrüdern zu Abend. ?Ansonsten gibt es doch überall ein ziemliches Durcheinander?, sagt Eberhard. ?Stimmt, die Menschheit ist viel zu verwöhnt?, ergänzt Gerda. Doch ausgerechnet in Sermuth, wo sich Russen und Amerikaner einst gegenüber standen, ist die Welt noch in Ordnung. Wie zum Beweis gratulieren Freunde, Nachbarn und sogar der Kindergarten. Leiterin Rosi Bahrmann, Klein-Heidi als Gattin und Klein-Felix als Gatte verkleidet stimmen die Vogelhochzeit an.
Herzlichen Glückwunsch von Allen Vereinsmitgliedern und noch viele schöne gemeinsame Jahre.
Bleibt schön Gesund.